Kosten- und Bedarfsbetrachtungen
Bei so einem umfangreichen Neu- bzw. Anbau, wie er hier am Bömberg vorgesehen ist, muss man diese Kosten auch auf Nachhaltigkeit - bei allem politisch motivierten Veränderungswillen, der oft nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten erfolgt - prüfen.
Vorab, um diese umfangreiche untere Betrachtung besser und schneller verstehen zu können, haben wir einige Kernaussagen vorangestellt:
Zitat Kämmerer Kowalski: „Gebaut wird erst, wenn eine dauerhafte Investitionssicherheit gewährleistet ist“
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Der geplante Neubau/Anbau der Gesamtschule Bömberg wird die Stadt Iserlohn im Gesamten geschätzt über 30 Mio € kosten!
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Nach dem Gutachten der Architektengruppe MTT werden schon nur an reinen Baukosten 16,725 Mio € geschätzt. Hinzu kommen laut Gutachten erhebliche Kosten für Sanierungsmaßnahmen im bestehenden Gebäude (u.a. Brandschutzmaßnahmen), Inklusionsmaßnahmen, Außenmaßnahmen und Einrichtungen, sämtliche mobilen Einrichtungen und vor allem Kosten für Veränderungen im Straßenverlauf aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens.
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Gleichzeitig stehen Schulgebäude auslaufender Schulen (HS Wiesengrund, HS Martin-Luther …) leer.
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Die Schülerzahlen der nächsten Jahre sind aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge deutlich rückläufig (787 weniger Schüler in den weiterführenden Schulen im Stadtgebiet Iserlohn allein seit 2011), neue Gebäude werden daher auch mittelfristig nicht benötigt!
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Da im Gegensatz zur Eingangsklasse in der GS keine Schüler für eine Oberstufe, die sich dafür qualifiziert haben, abgelehnt wurden, gehen wir davon aus, dass jeder Oberstufenschüler der neuen GS am Bömberg die 3 vorhandenen Oberstufen (MGI, Stenner + GS) ausdünnt. Das bedeutet weniger Kurse und geringere Effizienz. Man benötigt keine 4. Oberstufe, wenn bisher kein Mangel war und gleichzeitig enorme Schülerrückgänge in den weiterführenden Schulen erkennbar sind!
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Hinzu kommen Kosten aufgrund eines erheblichen Investitionsstaus für dringend notwendige Modernisierungen und Anbauten der bestehenden Schulen (OGS Wiesengrund, Gesamtschule Nußberg, ….) in Höhe von einigen Mio Euro. Ebenso kann der ->Investitionsstau der vorhandenen Schulen (fast 9 Mio in 2012) nicht beseitigt werden!
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● | Deshalb muss das Motto lauten: „Bildung statt Steine“ |
Nachfolgend unsere ausführliche Betrachtung
Wenn man nur mal die Zahlen des Schülerrückganges berücksichtigt, in Iserlohn bei der Gesamtzahl der Schüler in weiterführenden Schulen ohne die Berufsschulen des MK 11 Prozent in nur 4 Jahren (2011-2014), in den aktuellen 4. Klassen sind es durch Schwankungen nur 3,5 %. In der Eingangsklasse fehlen jedoch schon 16,7 % oder 114 Schüler gegenüber 2011. Absolut für die weiterführenden Schulen bedeutet dies einen Rückgang von 787 Schülern seit 2011.
In der Tendenz benötigt man also eine größere weiterführende Schule wie z.B. das MGI innerhalb von nur 4 Jahren nicht mehr!
Ein aktueller Vergleich mit Schwerte zeigt in den Eingangsklassen einen Rückgang von 1329 (2003) auf 554 (2013) und damit mehr als eine Halbierung in nur 10 Jahren. Bei diesen Zahlen muss man sich sehr wohl die Frage nach dem Sinn von weiteren Schulgebäuden stellen!
Nun liegen auch die aktuellen Zahlen des ersten Anmeldejahrgangs an der neuen GS Bömberg vor (->IKZ vom 12.3.2015):
Am Bömberg - Stand vor der Fristverlängerung beim Anmeldeverfahren - setzen sich die fünften Klassen aus 33 Kindern (knapp 32 Prozent) mit Hauptschulempfehlung, 60 mit Realschulempfehlung (knapp 58 Prozent) und sechs mit einer Gymnasiumsempfehlung zusammen. Hierhin kommen fünf Schüler ohne Empfehlung. Und während sich der räumliche Einzugsbereich der Gesamtschule am Nussberg über das ganze Stadtgebiet erstreckt, leben die Schüler am Bömberg zumeist in den Wohnbereichen im Umfeld der Schule.
->Unsere Einschätzung dazu:
Es ist klar ersichtlich, dass keine weitere Oberstufe benötigt wird. Dies ist Wunschdenken der Politik, allein es fehlen grundlegende Unterstützungsmaßnahmen in Kita und Grundschule! Wenn man die verantwortlichen Schulleiter hört, dann hat sich allein in den letzten 2 Jahren der Bildungsstand deutlich verschlechtert - das Gegenteil muss gewährleistet sein, um weitere Oberstufenkapazitäten zu planen bzw. zu beschließen. Wenn jedoch keine weitere Oberstufe am Bömberg benötigt wird, dann könnte der teure Neubau weitgehend wegfallen und man kann das Geld sinnvoll in den Bestand investieren!
Hier noch die Zahlen aus der Ratssitung vom 28.10.2014 zum Kostenvergleich Bömberg+Wiesengrund / Bömberg (-> Zitat aus Link)
"Auf Nachfrage von Rm. Tigges hinsichtlich der zu erwartenden Kosten führt Herr Kowalski aus, dass die Kosten für die Errichtung einer Sekundarschule am Doppelstandort Bömberg/Wiesengrund mit 3,9 Mio. € ausgewiesen wurden. Eine Gesamtschule an dem Doppelstandort sei mit 11,4 Mio. € und der Einzelstandort Bömberg/Wiesengrund sei mit 16,7 Mio. € angegeben. Das Gesamtpaket der mittelfristigen Schulentwicklungsplanung für den weiterführenden Bereich beinhalte noch die Aufwendungen an den Standorten Hemberg Sekundarschule, Letmathe und Oberstufengebäude Nußberg. Daraus ergibt sich für den Doppelstandort Bömberg/Wiesengrund als Sekundarschule ein Betrag in Höhe von 16,4 Mio €, Doppelstandort Bömberg/Wiesengrund als Gesamtschule 23,9 Mio. € und Einzelstandort Bömberg als Gesamtschule 29,2 Mio. € ohne Einrichtung oder Aufwendungen für Straßenbau."
Bei Beschränkung auf den Einzelstandort Bömberg gibt es mögliche Einsparung für die OGS-bedingte Erweiterung am Standort Wiesengrund. Diese sind aber nicht bekannt. Zitat:
Herr Kowalski antwortet auf Nachfrage von Rm. Mohr, dass die Einsparungen der Grundschule Wiesengrund, die durch Nutzung der Räumlichkeiten der Hauptschule Wiesengrund entstehen, nicht kalkuliert wurden.
Durch die OGS sind oder wurden schon etliche Um- und Anbauten zur Betreuung und für Mensazwecke vorgenommen und damit zusätzlicher Raum geschaffen. Dies ist und war sicherlich notwendig.
Sollen jedoch darüber hinaus weitere Gebäudeteile hinzukommen, so muss von der Verwaltung eine Liste mit Einspareffekten aufgestellt werden, die z.B. den Verkauf überflüssiger Gebäude (z.B. hier die Martin-Luther-HS) beinhaltet und auf jeden Fall auch etwas zu den laufenden Kosten sagt (Tilgung, Zinsen, Wartung und Instandsetzung, laufende Kosten für den Unterhalt). Dies ist für 2009 mal für einige Schulen erstellt worden, aber u.a. durch die Schließung von drei Hauptschulen nicht mehr aktuell. Jeder kann sich leicht ausrechnen, dass man ein Schulgebäude mal eben nicht so schnell am Markt verkaufen kann, ggf. erst nach Abriss und den damit verbundenen Kosten die jeweiligen Grundstücke.
Der bisher nicht genutzte 2. Gebäudeteil an der Mendener Straße, der bis zum jetzigen Leerstand vom FA gemietet war, ist ein Beispiel 'für den Bedarf' solcher Räumlichkeiten im Markt.
Auch die Verwaltung sieht dies ähnlich (Zitat aus öffentlichen Sitzungunterlagen der Sondersitzung des Rates vomn 28.10.2014):
Generell erwies sich in der Vergangenheit die Platzierung eines Schulgebäudes auf dem Immobilienmarkt als sehr aufwendig und zeitintensiv. Zugleich mussten finanzielle Zugeständnisse zum Thema kostendeckende Miete hingenommen werden. Oftmals wurden, ausgelöst durch die Herbeiführung von notwendigen Nutzungsänderungen im Rahmen des
Baugenehmigungsverfahrens, bauliche Anpassungsarbeiten notwendig.
Die Hauptschule Hennen bildet mit ihrer Liegenschaft einen ‚Sonderfall‘. Es handelt sich um ein Erbpachtgrundstück (Erbpachtzins/p.a. 23.174,00€/p.a.)
Neben dem Sonderfall 'Erbauzins', der eine Vermarktung zusätzlich erschwert, liegen damit z.Zt. über 100.000,- Euro/Jahr an laufen den Kosten für die z.T. leerstehenden Gebäude in Hennen vor (Abschreibung, Betreibskosten, Sicherungskosten, Erbpacht, Miete an KIM ...).
Somit muss man auch einen Teil der Schulden, die an Investitionen gebunden sind (siehe Rede vom Kämmerer zum Haushaltsentwurf 2015), kritischer betrachten!
Zeitlich passend zu dieser Betrachtung liegen seit einigen Tagen die aktuellen Zahlen zum Haushaltsentwurf der Stadt Iserlohn für 2015 vor.
Positiv auf den ersten Blick ist eine schwarze oder rote Null, d.h. ein weitgehend ausgeglichener Haushalt. Auf den zweiten Blick ist dieser jedoch nur durch Sondereffekte (5 Mio Euro durch Sondervermögen Stadtentwässerung) und die überwiegend im Jahr verhängte Haushaltsperre erreicht worden. Unter der Haushaltssperre leiden natürlich auch die notwendigen Mittelanforderungen der Schulen. Wie groß schon der ->Investitionsstau der vorhandenen Schulen ist, zeigt diese Liste von 2012 (aktuellere Zahlen liegen uns z.Zt. nicht vor).
64 Mio Kassenkredit
Sehr bedenklich ist der enorme Kassenkredit von 64 Mio Euro, zum großen Teil durch die Auswirkungen der Finanzkrise angewachsen. Da die Gewerbesteuer immer noch nicht die Höhe vor der Finanzkrise erreicht hat, wesentliche Kostenblöcke für Personal und Kreisumlage wachsen oder nicht beeinflussbar sind, kann man sich leicht vorstellen, dass die Stadt hier sehr lange nicht wieder herunterkommt. Auszug der Rede des Kämmerers dazu:
"Fatal ist, dass diese Kassenkredite nur durch Liquiditätsüberschüsse der künftigen Jahre getilgt werden. Eine planmäßige nennenswerte Tilgung findet nicht statt. Selbst dann, wenn in allen Folgejahren die bisherige Finanzdisziplin eingehalten und immer ein ausgeglichener Haushalt erreicht würde, wird es Jahrzehnte dauern, bis die aufgelaufenen Kassenkredite getilgt wären."
Man kann sich ja leicht vorstellen, dass dies aktuell bei der Zinslage kein Problem ist, zukünftig aber ein weiteres großes Loch in den Haushalt reißen könnte, wenn die Zinsen mal wieder steigen oder weitere Zinseffekte hinzukommen.
220 Mio Investitionsverschuldung + Kassenkredit = 284 Mio Euro Gesamtverschuldung
Ohne die Kosten und damit die Zusatzinvestitionen in die neue Schulstruktur liegt aktuell eine Netto-Null-Verschuldung vor, d.h. neue Kredite sind nicht höher als die Tilgung. In einem Gutachten wird Iserlohn zwar bescheinigt, dass die Stadt sich eine (neue) weitere Schule leisten kann, aber jeder Kaufmann muss nur die bisherigen Zahlen zusammenfassen und wird dies anders sehen. Alle neuen Investitionsplanungen gehen zu Lasten späterer Generationen und zu Lasten und damit weiteren Einschränkungen der bisherigen Schulen.
Wie kann man die vom Rat beschlossene Schuldenbremse im Einklang mit weiteren Belastungen aus Investitionen (hier die neue Schulstruktur mit mind. 30 Mio Euro) sehen?
Fazit:
Trotz guter Konjunktur fehlen Iserlohn Einnahmen aus Einkommenssteuer und Gerwerbesteuer. Eine Reduzierung des Kassenkredites wird Jahre bis Jahrzehnte dauern. Postive Veränderungen sind nicht in Sicht, negative (Zinserhöhungen, Verschlechterung der Konjunktur ..) können jederzeit kommen. Eine weitere Verpflichtung, d.h. zusätzliche Investitionen ist nicht möglich oder führt zeitnah zu weiteren Mittelkürzungen u.a. auch für die Bestandsschulen sowie zu Steuererhöhungen (u.a. Grundsteuer).
Auch wenn es für die Organisation einer Schule nicht optimal ist, sollte der Doppelstandort Bömberg / Wiesengrund (so ist es ja auch der Vorschlag der Verwaltung seit längerer Zeit) ernsthaft in Betracht gezogen werden (Kostenvorteile s.o.).
Betrachtet man die vielen Kosten, die noch nicht in der Kostenabschätzung enthalten sind (Brandschutz in den bestehenden Teil, Verkehrsmaßnahmen, Inklusion aber auch die erheblichen Kostensteigerungen durch die Abtragung des Felsens im Baubereich - hier können alle Anwohner ihre eigenen Erfahrungen mit erheblichen Kostensteigerungen beim Bau ihrer Häuser einbringen -, so kann durchaus auch ein Neubau an geeigneterer Stelle aus Kostengründen sinnvoll sein (diesen Punkt betrachten wir in Kürze ausführlicher).
Noch einmal: Wir verschließen uns nicht Investitionen in die Zukunft unserer Kinder, würden aber eine nachhaltige Lösung bei den Investitionen unter Einbeziehung möglichst vieler vorhandener Gebäude bevorzugen und das so gesparte Geld direkt der Bildung und Betreuung zu Gute kommen lassen (die Klassen der Grundschule Bömberg haben inzwischen einen Migrationsanteil von 70 % und entsprechend sieht es in den umliegenden Kindergärten aus. Damit unsere Forderung:
- Investition in Bildung statt in Beton!
- Nicht die Schaffung einer neuen und teuren Erweiterung, die den Kindern nicht einmal annähernd die notwendigen Freiräume zur Pausengestaltung im Freien zur Verfügung stellen kann, von den zusätzlichen Verkehrsproblemen, die am bestehenden Gesamtschulstandort bis heute nicht gelöst sind, mal ganz zu schweigen.
- Eingehende umfangreiche Prüfung auch von Alternativen vor zu vorschneller Umsetzung
oder auch mit den Worten vom Kämmerer:
"Gebaut wird erst, wenn eine dauerhafte Investitionssicherheit gewährleistet ist. Die Bauprogramme müssen verifiziert werden. Nach meinem Eindruck wurde in der gebotenen Eile zunächst einmal ein Maximum formuliert. Das gesamte Volumen kann ohne Nachteile auf mehrere Haushaltsjahre gestreckt werden. Das Oberstufengebäude am Bömberg wird erst im Jahr 2021 benötigt; die 2-fach-Sporthalle wird nach der Drucksache möglicherweise nur als 1-fach-Sporthalle und auch erst ab dem Jahr 2021 benötigt; das neue Oberstufengebäude am Nussberg muss erst noch seine Notwendigkeit beweisen; das Paket Letmathe ist ohnehin erst für einen Zeitraum nach 2016 vorgesehen. Das gesamte Programm muss vernünftig und verträglich in die Finanzplanung eingebaut werden."
Wir werden auf diesem Portal auch in den nächsten Jahren sorgfältig alle Kostenänderungen dokumentieren (vor allem die Zahl von Netto 14 Mio nach Abzug der eingesparten Kosten für den OGS-Anbau im Wiesengrund von 2 Mio - wer die auch immer berechnet hat -) und sie den dafür Verantwortlichen zuordnen, damit diese mögliche Fehlentscheidung - die Zukunft wird dies zeigen - nicht in Vergessenheit gerät!