Bürgerinitiative „Schulen Bömberg“; Postanschrift: c/o Dr. Frank Nobis, Unnaerstr. 3, 58636 Iserlohn
Offener Brief der BI „Schulen am Bömberg“ 6.Februar 2015
Herrn Bürgermeister
Dr. Peter Paul Ahrens
Rathaus 1, Schillerplatz
Iserlohn
Sehr geehrter Herr Dr. Ahrens,
wir – die Bürgerinitiative „Schulen am Bömberg“ sind entsetzt über das bisherige (und weiter geplante) Prozedere rund um das vorgezogene Anmeldeverfahren und fordern Sie auf,
das vorgezogene Anmeldeverfahren nunmehr unverzüglich zu stoppen, den oft zitierten, Elternwillen zu respektieren und ab sofort im „normalen“ Anmeldeverfahren keine weiteren Anmeldungen für die geplante, nun aber gescheiterte Gesamtschule am Bömberg zuzulassen.
Für beide (!) neuen Schulen sind die notwendigen Anmeldezahlen nicht erreicht worden. Warum nun laut PM der Stadt Iserlohn vom 5.2.2015 in dem einen Fall (Sekundarschule) von einem Nicht-Zustandekommen die Rede ist, während bei der GES Bömberg/Wiesengrund alles normal weiterlaufen soll, entzieht sich nicht nur unserem Verständnis. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, dass die Anmelder an der Gesamtschule Bömberg – die eben auch nicht die erforderlichen 100 Anmeldungen erzielt hat – von der weiteren Anmeldung ihrer Kinder an einer der anderen Schulen ausgeschlossen sein sollen.
Aus unserer Sicht sind weder das vorgezogene Anmeldeverfahren an sich, noch die nun mehrfach von der Verwaltung eigenmächtig („in Abstimmung mit der Bezirksregierung“(?)) vorgenommenen Änderungen im Wahlprozedere durch Ratsbeschluss vom 28.10.2014 gedeckt und deshalb rechtswidrig.
Trotzdem aufgrund der aus Ihrem Hause stammenden sehr mangelhaften und suggestiven Informationspolitik, die aus unserer Sicht den Verdacht einer unzulässigen Wahlbeeinflussung begründet, ist es nicht gelungen, die erforderlichen 100 Anmeldungen für eine Gesamtschule am Bömberg zu erreichen. Wir fordern Sie auf, dies zu respektieren!
Unseren Vorwurf des Verdachtes einer unzulässigen Wahlbeeinflussung möchten wir gerne wie folgt begründen:
Aus unserer Sicht wurden die betroffenen, im vorgezogenen Anmeldeverfahren zur Anmeldung ihrer Kinder berufenen Eltern durch Sie und Ihr Haus mittels einer gezielt suggestiven Informationspolitik und eine missverständlich-manipulative Ausgestaltung des Anmeldeverfahrens in die Irre geführt, indem der Eindruck erweckt wurde, die neuen Schulen seien bereits beschlossen und es sei ausschließlich eine Anmeldung an den neuen Schulen oder später an der Real- und Hauptschule Letmathe möglich. Nicht umsonst sahen sich Bildungsforum und Schulpflegschaft veranlasst, nochmals im Rahmen einer klarstellenden Veröffentlichung das Wahlprozedere zu erläutern. Natürlich hat diese Stellungnahme – im Gegensatz zu den von der Stadt veranlassten Informationen - (leider) nicht alle zur Wahl berufenen Eltern erreichen können, so dass – möglicherweise insbesondere, aber nicht nur bildungsferne und/oder sprachunkundige Eltern – davon ausgingen, ihr Kind an einer der neuen Schulen anmelden zu müssen.
Ich zitiere hier einmal aus einem an mich gerichteten Brief einer Mutter, der mich vor Beginn des Anmeldeverfahrens erreichte und aus dem deutlich wird, dass die suggestiven Informationen Erfolg gezeitigt haben:
„Hallo Herr Dr. Nobis! Ich beziehe mich mal auf Ihren aktuellen Leserbrief im Lokalkompass. Da mein Sohn dieses Jahr in die weiterführende Schule wechseln wird, würde mich mal interessieren, welche Alternative zur Anmeldung in der geplanten Gesamtschule Bömberg besteht.Wenn es nach mir ginge, hätte ich ihn auch lieber in der REALschule Bömberg angemeldet, was ja nun nicht mehr möglich ist.“
Zwei weitere Anmerkungen, die nach entsprechender Aufklärung über das Wahlprozedere und die Möglichkeit zur evtl. Anmeldung an den Realschulen durch UNS (nicht durch Sie!) gemacht wurden, möchten wir Ihnen ebenfalls nicht vorenthalten:
„So habe ich hier ein Schreiben von der Schulverwaltung in dem steht nach viel bla bla (sorry) "...eine Anmeldung an den Realschulen Bömberg und Hemberg sowie der Hauptschule Martin Luther ist nicht möglich. In der Zeit von Mittwoch 18. Februar bis Dienstag 24 Feb. Kann an Folgenden Schulen angemeldet werden: Gym Letmathe, An der Stenner, MGI Real Letmathe und Haupt Letmathe. " Kein Wort von den evtl. wieder zur Wahl stehenden Iserlohner Schulen. Warum wurde das denn nicht EINMAL zu den schriftlichen Anmeldedaten hinzugenommen? Ein in Klammern zugefügtes * sollten die erforderlichen 100 bzw. 75 Anmeldungen nicht erreicht werden, stehen auch diese Schulen ab dem 28.02. wieder zur Wahl*, wäre das so schwer gewesen?“
Und:
„Die Eltern der Viertklässler sind schlichtweg verarscht worden. Das ist Fakt und das wird sich irgendwann rächen.“
Leider konnten wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mittel nicht alle Eltern ausklären, aber das wäre auch nicht unsere Aufgabe, sondern Ihre gewesen!
Aber der von uns behauptete Verdacht der Manipulation des (freien) Elternwillen zu eine Anmeldung an den geplanten Schulen gründet sich nicht nur auf vorgenannte Aussagen, sondern auf ein ganzes Maßnahmenbündel:
1.
In der am 27.1. im IKZ veröffentlichten Pressemitteilung der Stadt zum Anmeldeverfahren heißt es wörtlich:
„Im Rahmen eines so genannten vorgezogenen Anmeldeverfahrens können von Samstag, 31. Januar, bis Donnerstag, 5. Februar(…) an der Gesamtschule Nussberg und an den neu geplanten Schulen Gesamtschule Wiesengrund / Bömberg und Sekundarschule Hemberg angemeldet werden.
(…)
Eine Anmeldung an den Realschulen Bömberg und Hemberg sowie der Hauptschule Martin-Luther ist nicht möglich.“
Es wird in dieser Mitteilung an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass, wann und wo gegebenenfalls eine Anmeldung zu den Realschulen und zu Hauptschule möglich ist. Das tatsächlich eine Anmeldemöglichkeit auch für die Realschulen und die Hauptschule gegeben ist, wenn die 75 bzw. 100 Anmeldungen nicht zustande kommen, lässt sich lediglich an versteckter Stelle auf der Internetseite der Stadt Iserlohn ersehen.
2.
Ebenso verhält es sich mit dem eben schon im Rahmen der Elternäußerung erwähnten Anschreiben der Stadt, dass an alle Eltern von 4.-Klässlern versandt wurde. Auch dort ist nahezu der gleiche Wortlaut verwendet.
3.
Im IKZ v. 22.1.15 präsentierten Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Ahrens, stolz die Genehmigungsbescheide des Regierungspräsidenten für die neuen Schulen (die inhaltlich jedoch nicht – wie es verstanden werden konnte (und sollte?) – schon eine endgültige Einrichtung der Schulen bedeuten, sondern lediglich, dass die formalen Voraussetzungen vorläufig erfüllt sind). Sie ließen sich dort wie folgt zitieren:
„ (…) Ahrens, der einen gleichlautenden Passus in den beiden Genehmigungsbescheiden für besonders erwähnenswert hält. Demzufolge räumt sich der Regierungspräsident das Recht ein, die Genehmigungen zu widerrufen, sollten für die beiden Schulen nicht die erforderlichen Anmeldezahlen von 75 Kindern (Sekundarschule) und 100 Kindern (Gesamtschule) zusammenkommen. Bürgermeister Dr. Ahrens: „Ich halte das für bemerkenswert, weil diese Passage besagt, dass selbst dann, wenn die erforderlichen Zahlen möglicherweise knapp verfehlt werden, nicht zwangsläufig eine Rücknahme der Genehmigung erfolgen würde, sondern dies im Ermessen der Bezirksregierung liegt.“ (www.derwesten.de/ikz/staedte/iserlohn/genehmigung-fuer-neue-schulen-id10264227.html#plx467863339)
Auch mit dieser Aussage wurde unseres Erachtens von Ihnen suggeriert, als würde die Gesamtschule Bömberg selbst dann errichtet, wenn die erforderlichen 100 Anmeldungen nicht zustande kommen, so dass es letztlich gar keinen Zweck habe, sein Kind dort nicht anzumelden und auf den eventuellen Erhalt der Realschule zu hoffen.
Diese Interpretation bzw. Aussage von Ihnen bzgl. eines möglichen Ermessens des Regierungspräsidenten ist – wie Sie als Jurist sicher wissen - schlichtweg falsch, rechtlich unzutreffend und widerspricht eindeutig dem Schulgesetz NRW, das zur Errichtung der Gesamtschule zwingend 100 Anmeldungen voraussetzt und auch dem umzusetzenden Ratsbeschluss vom 28.10.2014. Dort heißt es unter Punkt 3. ausdrücklich, dass die Realschule Bömberg weiterbesteht, wenn nicht mindestens 100 Kinder angemeldet werden.
5.
Unser Fragenkatalog an die Stadt Iserlohn, dessen Beantwortung den Widersinn und die baurechtlich wahrscheinlich sogar unmögliche Errichtung einer Gesamtschule am Bömberg offenbart, blieb bis zum heutigen Vormittag unbeantwortet. In der Ratssitzung vom 16. Dezember 2014 hatten Sie uns noch ausdrücklich zugesichert, die Fragen möglichst noch vor dem Anmeldeverfahren zu beantworten. Erst am heutigen Tage, einen Tag nachdem die Anmeldefrist für die Gesamtschule Bömberg verstrichen ist, erreichen mich die Antworten per Post. Dabei ist kaum vorstellbar, dass die Antworten der Stadt nicht bereits früher vorlagen.
Stattdessen hat die Stadt mehrere Informationsveranstaltung zu den neuen Schulen durchgeführt, in denen mit einem vermeintlich guten Schulkonzept für die neuen Schulen geworben worden ist, ohne jedoch auf die Probleme bei einer Errichtung am Bömberg, die durch unsere Fragen aufgeworfen worden sind, einzugehen. Dass ein gutes Schulkonzept auch entsprechende Schulräume benötigt, wurde in den Info-Veranstaltungen jeweils lediglich auf Nachfrage, ansonsten nicht erwähnt.
Nunmehr wird aus Ihrem Antwortschreiben ja auch u.a. deutlich, dass – wie von uns befürchtet –
- die Gesamtkosten eines Schulbaus am Bömberg noch völlig ungeklärt sind und – um Ihre diesbezüglichen Antworten zusammen zu fassen – weitaus höher liegen werden, als die im Ratsbeschluss vom 28.10.2014 (Nr. 1) angegebene Kostenschätzung zur Erfüllung des Raumprogramms in Höhe von 16,725 Mio. €.
- Ein Wirtschaftlichkeitsvergleich mit Alternativstandorten (§ 14 Abs. 1 GemHVO) zwar „stets zu begrüßen“ sei, aber mangels ermittelter Gesamtkosten (Investitionskosten und Folgekosten) des Vorhabens Bömberg bislang gar nicht durchgeführt werden könne.
- die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit des Schulbaus am Bömberg ebenfalls „noch nicht in vollem Umfang geprüft werden konnte“ und das bauplanrechtliche Verfahren noch „ergebnisoffen“ sei.
- tatsächlich bislang kein weiterer Schulhof am Neubau geplant sei, dies aber „kein Verstoß gegen verpflichtende Schulbaurichtlinien“ sei und „die Fläche deshalb unterschritten werden“ könne. Es gebe schließlich heute „weitergehende Angebote z.B. in Sporthallen und Betreuungsbereichen“
Insbesondere das Vorenthalten der letzten beiden Punkte gegenüber den Eltern vor dem Anmeldeverfahren nimmt ebenfalls Einfluss auf deren Entscheidungsfindung. Insbesondere diese Punkte waren Ihnen aber auch schon lange vor dem jetzigen Schreiben bekannt.
6.
Am 8. Dezember 2014 wurde der Verwaltung durch Herrn Prof. Walther ein Alternativangebot zur Errichtung der Gesamtschule auf dem Campusgelände am Seilersee unterbreitet. Unmittelbar danach wurde die Verwaltung beauftragt, das Angebot und eine Realisierung am Seilersee zu prüfen. Auch die Mitteilung des Ergebnisses dieser Prüfung steht noch aus, obwohl inzwischen knapp zwei Monate verstrichen sind und der Beginn des vorgezogenen Anmeldeverfahrens verstrichen ist. (Zum Vergleich: Zwischen der Beauftragung und Erstellung/Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie für eine Gesamtschule Bömberg (MTT-Gutachten) lagen gerade einmal drei Wochen!). Auch hier scheint die mangelnde Information der Eltern und Bürger über die ( ggf. mangelnde) Eignung des Seilersee-Standortes Mittel der Suggestion zu sein, da viele Eltern (z.B. Elterninitiative 2. Gesamtschule in Iserlohn) darauf hoffen/spekulieren, dass die Gesamtschule am Seilersee errichtet wird. Tatsächlich ist inzwischen aus Politikerkreisen zu erfahren, dass (zumindest in der Politik und Verwaltung) inzwischen bekannt sei, dass der Standort Seilersee ungeeignet sein soll, weil das angebotene Gebäude zu klein (Ratsmitglied Herbers), angesichts des Alters des Gebäudes aus energetischen/Klimaschutzgründen ungeeignet sei (GRÜNEN-Mitglieder Haberle und Olbrich) und „erste grobe interne Planungen aus baulicher Sicht zeigen , dass auf Grund der fehlenden Flächen (Aula, Sporthallen, Verwaltungsräume etc.) ausdrücklich nicht davon ausgegangen werden kann, dass am Standort Seilersee jemals eine Gesamtschule entstehen kann“ (PM der CDU-Fraktion).
7.
Und nicht zuletzt die mit gestriger (5.2.15) mitgeteilte erneute Abänderung und Fortführung des vorgezogenen Anmeldeverfahrens unter Ausschluss der Sekundarschule (hier fehlen „nur“ 24 Anmeldungen) und unter Ausschluss einer erneuten Wahlmöglichkeit der Anmelder zur Bömberg-Gesamtschule.
Gerade letzten Punkt halten wir nun erneut für eine undemokratisch und autoritäre Vorhensweise zur Durchsetzung der unsinnigen (mindestens) „30 Mio-Investition“ am Bömberg unter Missachtung des Bürger- und Elternwillens!
Dass es trotz all der vorgenannten suggestiven Maßnahmen, die aus unserer Sicht den Verdacht einer unzulässigen Wahlbeeinflussung begründet, nicht gelungen ist, die erforderlichen 100 Anmeldungen für eine Gesamtschule am Bömberg zu erreichen, zeigt, dass den nun zu respektierenden Elternwillen!
Abschließend weisen wir ausdrücklich auf die Vorschriften zur Wahlmanipulation gemäß § 107a, 108d StGB hin, die sich ausdrücklich auch auf Wahlen und Abstimmungen in Gemeinden erstrecken.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Nobis – als Sprecher der BI Schulen Bömberg -